Was sind luftfahrttechnische Produkte, Komponenten, Bau- und Ausrüstungs- teile, Standardteile, Roh- und Ver- brauchsmaterialien und wann brauche ich ein EASA Form 1?

Was sind luftfahrttechnische Produkte, Komponenten, Bau- und Ausrüstungsteile, Standardteile, Roh- und Verbrauchsmaterialien und wann brauche ich ein EASA Form 1?

Spätestens seitdem die Firma Limbach Flugmotoren keine EASA Form 1 mehr ausstellt, stellt sich für viele Flugzeugeigentümer die Frage, unter welchen Voraussetzungen auf diese Bescheinigung verzichtet werden kann und welche Regelungen es dabei zu berücksichtigen gilt. Um die Regelungen richtig verstehen und anwenden zu können, ist es zunächst erforderlich die in der Überschrift genannten Begriffe einzuordnen (I.). Danach werden die speziell für Komponenten geltenden Regelungen (II.) und die Voraussetzungen für einen Verzicht auf ein EASA Form 1 erörtert (II. 2.). Abschließend gehen wir auf die Instandhaltung von Komponenten auf Luftfahrzeugebene ein, bei der ebenfalls kein EASA Form 1 erforderlich ist (III.)

I.               Welche Begriffe sollte ich kennen?

Die Gesamtheit der Einzelteile, aus denen ein Luftfahrzeug zusammengesetzt ist, fallen unter den Begriff „Artikel“. Der Oberbegriff Artikel beinhaltet jedes Bau- und Ausrüstungsteil, das für Zivilluftfahrzeuge verwendet wird.[1]

Darüber hinaus ist der Begriff „Produkt“ von Bedeutung. Dieser umfasst Luftfahrzeuge, Motoren, Propeller und Ballone.[2] Von Bedeutung ist der Begriff, weil alle luftfahrttechnischen Produkte der Musterzulassung unterliegen.[3]

Als Bestandteile von Luftfahrzeugen sind Motoren und Propeller sowohl Produkt als auch Bau- und Ausrüstungsteil.

Fungieren Motoren und Propeller als Bau- und Ausrüstungsteile, werden sie auch der Kategorie „Komponente“ zugeordnet. Der Begriff „Komponente“ umfasst Motoren, Propeller, Teile oder Ausrüstungen von Luftfahrzeugen.[4]

Unter den Begriff „Bau- und Ausrüstungsteil“ fallen neben den „Komponenten“ auch „Standardteile“ und „Roh- und Verbrauchsmaterialien“.

Die Begriffe „Standardteil“ und „Roh- und Verbrauchsmaterial“ sind im Luftrecht nicht speziell definiert. Eine Zuordnung von Bau- und Ausrüstungsteilen in eine der beiden Kategorien ist jedenfalls dann möglich, wenn eine Zuordnung unter den Begriff „Komponente“ ausgeschlossen werden kann und das betreffende Bau- und Ausrüstungsteil folgende Kriterien erfüllt:

Standardteile erfüllen Normen, wie die deutsche DIN-Norm, die europäische EN-Norm oder die internationale ISO-Norm oder deren Kombinationen (DIN-EN-Norm, DIN-EN-ISO). Die Übereinstimmung mit den jeweiligen Normen wird durch Konformitätsnachweise bestätigt. Standardteile sind Teile, die in der Herstellung oder Wartung häufig verwendet werden, aber nicht speziell für die Verwendung in Luftfahrzeugen entwickelt und hergestellt wurden. Sie können aus verschiedenen Materialien bestehen. Zu Standardteilen zählen u.a. Schrauben, Muttern oder Bolzen, sofern sie nicht speziell für die Verwendung in Luftfahrzeugen entwickelt, zertifiziert und produziert werden. Es kann folglich auch spezielle Bolzen geben, die speziell für Luftfahrzeuge gefertigt werden und somit nicht zu den Standardteilen zählen.

Roh- und Verbrauchsmaterialien sind Materialien, die für eine weitere Bearbeitung oder Verarbeitung bestimmt sind und zu diesem Zweck verwendet oder verbraucht werden. Zu den Rohmaterialien zählen Holz, Metall, Lack oder Leim aber auch Halbfertigprodukte wie Spanplatten, Gewebe, Bleche oder Rohre. Zu den Verbrauchsmaterialien gehören Schleifmittel, Betriebsstoffe wie Öl oder Verdünnung, die im Herstellungsprozess bei ihrer Verwendung verbraucht werden, jedoch nicht in das Erzeugnis übergehen. Während Standardteile Normen erfüllen müssen, um verwendet werden zu können, müssen Roh- und Verbrauchsmaterialien bestimmte Eigenschaften, d.h. Spezifikationen wie Viskosität, Größe, Form, Gewicht, Dichte oder Härte aufweisen. Darüber hinaus kann es für Roh- und Verbrauchsmaterialien auch Normen geben.

Die Zuordnung eines Bau- und Ausrüstungsteils oder Produkts zu einer der genannten Kategorien entscheidet darüber, welche Voraussetzungen für ihre Verwendung an Luftfahrzeugen gelten.

Motoren und Propeller sind nach der Begriffsbestimmung in Art. 2 c) Komponenten. Eine Zuordnung dieser Bau- und Ausrüstungsteile in die Kategorien Standardteile, Roh- und Verbrauchsmaterialien ist damit ausgeschlossen.

Bei anderen Bau- und Ausrüstungsteilen kann die Abgrenzung zwischen Komponenten und Standardteilen schwieriger sein. Das Vorliegen einer Komponente kann in diesen Fällen nur angenommen werden, wenn das betreffende Teil nicht für die Verwendung in Luftfahrzeugen entwickelt, zertifiziert oder hergestellt wurde, sondern für die allgemeine Verwendung.

Von einer Komponente ist auch dann auszugehen, wenn ursprünglich zur allgemeinen Verwendung entwickelte Teile später für die Verwendung in Luftfahrzeugen modifiziert, zertifiziert und hergestellt wurden. Wurde für ein Teil irgendwann mal ein Form 1 oder ein gleichwertiges Dokument wie das FAA 8130-3 ausgestellt, sollte davon ausgegangen werden, dass es sich um eine Komponente handelt. Es ist fraglich, ob eine Komponente zu einem Standardteil herabgestuft werden, wenn die formellen oder materiellen Voraussetzungen für die Erstellung eines Form 1 zu einem späteren Zeitpunkt entfallen. Die strengen und sicherheitsrelevanten Voraussetzungen für diese Dokumente könnten ansonsten leicht umgangen werden.

Zu beachten ist auch, in welchem Verhältnis die einzelnen Artikel und Produkte zueinanderstehen. Alle sind in dem Produkt „Luftfahrzeug“ miteinander verbunden. Produkte wie Motoren und Propeller fungieren als Komponenten eines Luftfahrzeuges und bestehen ihrerseits wieder aus Komponenten, die wiederum aus anderen Bau- und Ausrüstungsteilen wie Komponenten, Standardteilen oder Rohmaterialien bestehen.

II.             Welche Anforderungen muss ich beachten?

Für jede der bisher genannten Kategorien gelten unterschiedliche Regelungen bei ihrer Verwendung an Luftfahrzeugen (Tabelle).

Für alle Bau- und Ausrüstungsteile gilt zunächst, dass ihre Verwendung der Musterzulassung[5] des jeweiligen Produkts, zulässigen Instandhaltungen, zulässigen oder genehmigten Änderungen oder Reparaturen entsprechen muss. Dieser Bezug ist jeweils nachzuweisen und zu dokumentieren.

1.     Anforderungen an Komponenten

Komponenten dürfen nach ML.A. 501 a) nur eingebaut werden, wenn sie sich

  • in einem zufriedenstellenden Zustand befinden,
  • über eine EASA Form 1 Freigabe[6] verfügen und
  • gem. Teil-21 Unterabschnitt Q gekennzeichnet sind, sofern
  • deren Einbau nicht nach anderen Regelungen zulässig ist.

Eine solche andere Regelung beinhaltet insbesondere Punkt 21.A.307 EU-Luftzulassungsverordnung.

Nach Punkt 21.A.307 a) ist der Einbau von Bau- und Ausrüstungsteilen, zu denen wie gezeigt auch Komponenten zählen, in ein Produkt zunächst unter den ersten drei auch in Punkt ML.A. 501 a) genannten Voraussetzungen (Zustand, Form 1 und Kennzeichnung) zulässig.

2.     Wann ist ein EASA-Formblatt-1 ausnahmsweise nicht erforderlich?

Ohne ein EASA Form 1 ist der Einbau von Bau- und Ausrüstungsteilen in ein Produkt (Luftfahrzeug, Motor, Propeller, Ballon) nach Punkt 21.A.307 b) ausnahmsweise zulässig, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

a)    Es handelt sich um ein Standardteil oder Roh- und Verbrauchsmaterial.

Ist von einem Standardteil auszugehen, ist ein EASA Form 1 nicht erforderlich. Es müssen jedoch die in Punkt ML.A. 501 c) genannten Voraussetzungen erfüllt sein: ein standardbezogener Konformitätsnachweis und eine nachvollziehbare Herkunft.

Roh- und Verbrauchsmaterialen erfordern ebenfalls kein EASA Form 1. Sie müssen jedoch alle erforderlichen Spezifikationen erfüllen und mit einem Nachweisbeleg für Material, Spezifikation, Herstellung und Herkunft versehen sein.

b)    Die Komponente soll in ein ELA1- oder ELA2-Luftfahrzeug[7] eingebaut werden.

Bei Luftfahrzeugen der Kategorien ELA1 oder ELA2 darf es sich nicht um lebensdauerbegrenzte Teile und nicht um Teile der primären Struktur oder der Flugsteuerung handeln. Der Begriff Komponenten mit Lebensdauerbegrenzung bezieht sich sowohl auf „service life limits“ (TBO) als auch auf „certified life limits“.[8] Bei ganzen Triebwerken kann daher nicht auf ein Form 1 verzichtet werden. Einzelne Komponenten von Triebwerken müssen dagegen keine Lebensdauerbegrenzung haben.

Es ist jedoch erforderlich, dass die jeweilige Komponente für den Einbau in das spezifische Luftfahrzeug identifiziert ist, der Eigentümer diese Bedingung geprüft und die Verantwortung hierfür akzeptiert hat. Die Überprüfung und Übernahme der Verantwortung ist vom Eigentümer des Luftfahrzeuges schriftlich zu dokumentieren und der Instandhaltungsdokumentation beizufügen.

c)     Vernachlässigbare Auswirkungen auf die Sicherheit des Produkts

Hat die Nichtübereinstimmung des Bau- und Ausrüstungsteils mit den genehmigten Konstruktionsdaten lediglich vernachlässigbare Auswirkungen auf die Sicherheit des Produkts, ist ebenfalls kein EASA Form 1 erforderlich, wenn der Inhaber der Konstruktionsgenehmigung des Produkts das Teil in seinen Anweisungen zur Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit aufführt und gegebenenfalls bestimmte Prüfungen beim Einbau vorschreibt.

Wird ein nicht mit den Konstruktionsdaten konformes Bau- und Ausrüstungsteil nach den Zertifizierungsspezifikationen (CS-STAN) für Standardänderungen oder -reparaturen eingebaut, ist dies ebenfalls ohne EASA Form 1 zulässig, wenn dies lediglich vernachlässigbare Auswirkungen auf die Sicherheit des Produkts hat. Auch hier sind etwaige Vorgaben zur Prüfung beim Einbau zu beachten.

d)    Von der Lufttüchtigkeitszulassung ausgenommen

Ist ein Bau- und Ausrüstungsteil nach der VO (EU) 956/2012 von der Lufttüchtigkeitszulassung ausgenommen, ist ebenfalls kein EASA Form 1 erforderlich.

3.     Teil einer höheren Baugruppe

Besteht für ein Teil nach den vorgenannten Punkten kein Erfordernis für ein EASA Form 1, ist auch für ein Bestandteil von diesem Teil kein EASA Form 1 erforderlich.

4.     Erklärung des Herstellers des Bau- und Ausrüstungsteils

Darüber hinaus erfordert der Verzicht auf ein EASA Form 1 zusätzlich eine Konformitätserklärung des Herstellers des Bau- oder Ausrüstungsteils, die dem Montagebetrieb vorliegen muss. In diesem Dokument muss die Bezeichnung, Teilenummer, und die Erklärung über die Konformität des Bau- oder Ausrüstungsteils mit seinen Konstruktionsdaten und das Ausstellungsdatum angegeben werden.

III.            Instandhaltung auf Luftfahrzeugebene

Für den Einbau von Luftfahrzeugtriebwerken ist als lebensdauerbegrenzte Komponenten ein EASA Form 1 erforderlich. Dies gilt für den Fall, dass ein Triebwerk aus dem Luftfahrzeug ausgebaut und in einem dafür zugelassenen Betrieb überholt und wieder in das Luftfahrzeug eingebaut wird, genauso wie für den Einbau eines anderen überholten oder neuen Triebwerks.

Der Einbau eines Bau- und Ausrüstungsteils in ein Luftfahrzeug unterliegt als Instandhaltung der Freigabe nach Punkt ML.A.801 EU-Lufttüchtigkeitsverordnung durch eine Freigabeberechtigte Person, die als solche über die erforderliche Lizenz oder die Berechtigung als Pilot/Eigentümer verfügt.

Davon zu unterscheiden ist die Instandhaltung von Komponenten nach Punkt ML.A. 502 EU-Lufttüchtigkeitsverordnung. Wurde eine Komponente nach den Bestimmungen von Punkt 21.A.307 EU-Luftzulassungsverordnung ohne Form 1 eingebaut und als solches vom Eigentümer nach Punkt 21.A. 307 b) 2. EU- Luftzulassungsverordnung akzeptiert, ist die Komponente vom Eigentümer bei ihrer Instandhaltung erneut zu akzeptieren und unterliegt der Freigabe.

Ein EASA Form 1 ist auch dann nicht erforderlich, wenn die Instandhaltung einer Komponente nach Punkt ML.A.502 b) EU-Lufttüchtigkeitsverordnung auf Luftfahrzeugebene erfolgt. Die Regelung in Punkt ML.A.502 b) enthält dazu eine detaillierte Tabelle, aus der sich ergibt, wann ein EASA Form 1 erforderlich ist und die Instandhaltung nicht auf Luftfahrzeugebene erfolgen darf. Erfolgt die Instandhaltung, beispielsweise eines Triebwerks oder Propellers, auf Luftfahrzeugebene durch einen Betrieb, ist diese Maßnahme nach Punkt ML.A.801 freizugeben.

Die Überholung eines Triebwerks oder Propellers auf Luftfahrzeugebene ist dagegen nur bei CS-VLA, CS-22 und LSA-Luftfahrzeugen[9] zulässig.

Erfolgt eine Instandhaltung von Komponenten nach den Bedingungen von Punkt 21.A.307 b)3 bis 6, für die kein EASA Form 1 erforderlich ist und ist die Instandhaltung auch nicht auf Luftfahrzeugebene erfolgt, ist an Stelle des EASA Form 1 eine „Erklärung über den Abschluss der Instandhaltung“ erforderlich. Diese Erklärung muss grundlegende Angaben zur durchgeführten Instandhaltung und das Datum der Fertigstellung der Instandhaltung enthalten und ist von derjenigen Person oder Organisation auszustellen, welche die Instandhaltung durchgeführt hat. Die bereits erwähne Erklärung des Eigentümers über die erneute Akzeptanz ist eine zusätzliche Voraussetzung.

Ein Rückgriff auf Bau- und Ausrüstungsteile ohne EASA Form 1 führt damit insgesamt zu einer weitreichenden Verantwortung des Luftfahrzeugeigentümers und umfangreichen Formalitäten und Dokumenten, die es zu erstellen und zu beachten gilt.

Sofern für bestimmte Produkte und Komponenten keine EASA Form 1 mehr verfügbar sind, stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen noch von einer Instandhaltung auf Luftfahrzeugebene ausgegangen werden darf (dann nur Freigabe nach ML.A. 801) oder die Instandhaltung einer Komponente angenommen werden muss (dann EASA Form 1 und Freigabe). Auf Luftfahrzeugebene erfolgt eine Instandhaltung nur dann, wenn sie an einem Luftfahrzeug ausgeführt wird. An einem Luftfahrzeug wird eine Maßnahme dann nicht ausgeführt, wenn eine Komponente ausgebaut, an einen anderen Ort als dem Standort des Luftfahrzeuges transportiert, dort instandgehalten, wieder zurücktransportiert und wieder in das Luftfahrzeug eingebaut wird.

Besteht während der Instandhaltung der Komponente eine gewisse räumliche Nähe, die dem Bereich des Ortes zugeordnet werden kann, an dem sich auch das Luftfahrzeug befindet, kann hingegen noch von einer Instandhaltung auf Luftfahrzeugebene ausgegangen werden, wenn die Komponente aus dem Luftfahrzeug ausgebaut wurde. Zweifelsfrei erfolgt eine Instandhaltung auf Luftfahrzeugebene dann, wenn die Komponente gar nicht ausgebaut wird. Wird eine Komponente zum Zwecke ihrer Instandhaltung ausgebaut und an einen anderen Ort als den Standort des Luftfahrzeuges verbracht, können Einwirkungen auf die Komponente nicht ausgeschlossen werden, die nicht im Einflussbereich der für die Instandhaltung verantwortlichen Person liegen. Eine solche örtliche Trennung von Komponente und Luftfahrzeug kann später auch nicht mehr durch eine Freigabe der Instandhaltungsmaßnahme insgesamt geheilt werden.

Fazit: Komponenten erfordern grundsätzlich ein EASA Form 1. Ein Verzicht auf diese Bescheinigung ist nur unter engen Voraussetzungen möglich die ihrerseits wieder die Einhaltung neuer Formalien erforderlich machen, wie die Akzeptanzerklärung des Luftfahrzeugeigentümers, die Konformitätserklärung des Herstellers und die Erklärung über den Abschluss der Instandhaltung.

Christian Bernius


[1] Art. 1 (2) f Europäische Luftzulassungsverordnung (EU-Luftzulassungsverordnung) Verordnung (EU) Nr. 748/2012 der Kommission vom 3. August 2012 zur Festlegung der Durchführungsbestimmungen für die Erteilung von Lufttüchtigkeits- und Umweltzeugnissen für Luftfahrzeuge und zugehörige Produkte, Bau- und Ausrüstungsteile sowie für die Zulassung von Entwicklungs- und Herstellungsbetrieben

[2] Abschnitt Q Punkt 21.A.801 EU-Luftzulassungsverordnung

[3] Abschnitt B Punkt 21.A.11 ff. EU-Luftzulassungsverordnung

[4] Art. 2 c) Europäische Lufttüchtigkeitsverordnung (EU-Lufttüchtigkeitsverordnung) Verordnung (EU) Nr. 1321/2014 der Kommission vom 26. November 2014 über die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit von Luftfahrzeugen und luftfahrttechnischen Erzeugnissen, Teilen und Ausrüstungen und die Erteilung von Genehmigungen für Organisationen und Personen, die diese Tätigkeiten ausführen.

[5] Gegebenenfalls gemäß ETSO-Zulassungsverfahren (European Technical Standard Order).

[6] Oder ein gleichwertiges Dokument wie das FAA 8130-3

[7] Artikel 1 (2) i und j Luftzulassungsverordnung: Zulässige Startmasse bis 1200 kg oder 2000 kg, Ballon, Luftschiff

[8] Punkt ML.A. 503 a) EU-Lufttüchtigkeitsverordnung, siehe auch Lilienthaler 1/2023, Seite 21

[9] UL, Motorsegler und Luftfahrzeuge bis 600 kg MTOM

Bewertung von Alternativen zu empfohlenen Instandhaltungsmaßnahmen bei der Erstellung und jährlichen Überprüfung von Instandhaltungsprogrammen (AMP)

In Verbindung mit der jährlichen Lufttüchtigkeitsprüfung steht die Überprüfung des AMP. Nach Punkt ML.A. 302 c) 9.) ist das AMP dabei auf seine Wirksamkeit hin zu überprüfen. Das AMP ist unwirksam und mithin zu ändern, wenn bei der Lufttüchtigkeitsprüfung (ARC) Mängel festgestellt werden, die auf inhaltliche Mängel im AMP zurückzuführen sind. Hiervon zu unterscheiden ist die Verpflichtung des Luftfahrzeugführers nach Punkt ML.A. 201 a) 4.), die Instandhaltung des Luftfahrzeuges nach dem AMP durchzuführen. Auch aus dieser Verpflichtung heraus kann sich die Notwendigkeit zur Änderung eines AMP ergeben.

Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen inhaltlichen AMP-Mängeln und Mängeln am Luftfahrzeug wäre in folgendem konstruiertem Beispielsfall möglich:

Bei der Lufttüchtigkeitsprüfung an einem Segelflugzeug wird festgestellt, dass der Mechanismus der Schleppkupplung schwergängig und korrodiert ist. Der Hersteller der Schleppkupplung empfiehlt eine Grundüberholung nach 4 Jahren. Im AMP wurde anstelle dieses 4-Jahres-Intervalls eine jährliche Sichtkontrolle und die Anzahl der zulässigen Starts auf 2000 bis zur nächsten Grundüberholung festgelegt. Das betreffende Segelflugzeug wird jedoch nur selten geflogen und hat seit der letzten Grundüberholung der Schleppkupplung, die vor 6 Jahren erfolgte, gerade einmal 600 Starts absolviert. Das Segelflugzeug steht in einem Hangar, in dem eine überdurchschnittliche Luftfeuchte herrscht. In Zukunft sind auch nicht mehr als 100 Starts im Jahr zu erwarten und das Segelflugzeug kann auch nicht woanders abgestellt werden.

In diesem Beispielfall muss die Schleppkupplung zunächst überholt oder getauscht werden, weil ein Mangel festgestellt wurde. Darüber hinaus muss auch das AMP geändert werden. Ein AMP ist unwirksam, wenn festgestellte Mängel hätten vermieden werden können, wenn bestimmte Empfehlungen (ICA)[1] des Luftfahrzeugherstellers (DAH) oder einzelner Komponentenhersteller in das Instandhaltungsprogramm aufgenommen worden wären, von denen der Luftfahrzeugeigentümer bei der Erstellung seines AMP zunächst abgewichen ist.[2] In unserem Bespielfall wurde vom empfohlenen 4-Jahres-Intervall abgewichen. Der Mangel ist nach 6 Jahren festgestellt worden. Der Mangel hätte somit vermieden werden können, wenn im AMP nicht von den Herstellerempfehlungen abgewichen worden wäre und die Schleppkupplung bereits 2 Jahre zuvor grundüberholt worden wäre. Das AMP war folglich unwirksam und die bestehenden Nutzungs- und Abstellbedingungen konnten zu dem festgestellten Mangel führen.

Der Luftfahrzeugeigentümer wäre im Ergebnis verpflichtet, in seinem AMP das vom Hersteller empfohlene 4-Jahres-Intervall oder andere geeignete Maßnahmen festzulegen.

Bevor in einem AMP von den ICA des DAH abgewichen wird, ist zunächst zu prüfen, ob Abweichungen überhaupt zulässig sind. Auf die in diesem Zusammenhang u.a. erforderliche Unterscheidung zwischen Komponenten mit einer Begrenzung der zugelassenen Lebensdauer (certified life limit) und Komponenten mit Lebensdauerbegrenzung (service life limit) nach Punkt ML.A. 503 a) wurde im letzten Lilienthaler[3] eingegangen. Der sein AMP selbsterklärende Luftfahrzeugeigentümer sollte sich immer über die volle Verantwortung für den Inhalt und die möglichen Folgen von Abweichungen im Klaren sein. Je weiter von den ICA des DAH abgewichen wird, desto mehr Haftungsrisiken und Erklärungsnöte bestehen. Auch wenn keine Verpflichtung zur Übermittlung an das LBA besteht, kann die Behörde jederzeit die Einsicht in das AMP verlangen, auch wenn keine Mängel gemeldet wurden. Darüber hinaus können speziell ACAM-Inspektionen ihren Schwerpunkt auf die Bereiche des Luftfahrzeuges legen, bei denen von den ICA des DAH abgewichen wurde.

Bei der Bewertung von Alternativen zu empfohlenen Instandhaltungsmaßnahmen, wie die Verlängerung von TBO-Intervallen oder der Nichtdurchführung empfohlener Instandhaltungsmaßnahmen, ist ein risikobasierter Ansatz gefordert. So kann bei ausschließlich privat genutzten Luftfahrzeugen von einem geringeren Risiko ausgegangen werden als bei einem für die Flugausbildung genutzten Luftfahrzeug. Demgegenüber ist bei einer vorgesehenen Instandhaltung durch einen Pilot-Eigentümer von einem höheren Risiko auszugehen als das bei einer Wartung durch einen genehmigten Instandhaltungsbetrieb. Die Risikobewertung insgesamt kann nach einer Risiko-Matrix erfolgen, die folgende Faktoren[4] bewertet:

  1. Erfolgt ein privater oder gewerblicher Flugbetrieb mit oder ohne Schulung (OPS-Zulassung)?
  2. Wird nach VFR bei Tag oder auch bei Nacht oder nach IFR geflogen (Flugregeln)?
  3. Welcher Gewichtsklasse entspricht das Luftfahrzeug (LSA, ELA1 oder höher)?
  4. Wird die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit von einer CAO/CAMO geführt oder verwaltet ein privater Eigentümer sein Luftfahrzeug selbst?
  5. Wird das Luftfahrzeug regelmäßig von einem zugelassenen Betrieb instandgehalten oder vom Piloten-Eigentümer selbst?
  6. Ist das Luftfahrzeug neuer oder älter und hat weniger oder mehr Flugstunden und Starts?
  7. Gibt es sonstige Bedingungen, die sich risikoverringernd oder risikoerhöhend auf die Lufttüchtigkeit auswirken?

Für jede Frage können bei geringem Risiko 1, bei mittlerem Risiko 2 und erhöhtem Risiko 3 Punkte vergeben werden. Je höher die Punktzahl am Ende ist, desto höher ist das Gesamtrisiko einzuschätzen und desto weniger sollte, soweit überhaupt zulässig, von den empfohlenen Instandhaltungsmaßnahmen im AMP abgewichen werden. Darüber hinaus sollten die individuellen Auswirkungen einzelner Risiken auf bestimmte Komponenten berücksichtigt werden. So können einzelne Komponenten beim Einsatz in der Flugausbildung wesentlich stärker beansprucht werden, etwa das Triebwerk. Obwohl das Risiko bei einem gewerblich genutzten Schulflugzeug aufgrund der zwingenden Führung der Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit durch eine CAO/CAMO in diesem Punkt geringer ist, als bei einem Flugzeug, das von seinem Eigentümer selbst verwaltet wird, sollten die empfohlenen Triebwerks-TBO nicht überschritten werden.

Eine Anpassung des AMP kann aber auch aufgrund der am Anfang genannten Regelung erforderlich werden, nach der bei der Durchführung der planmäßigen Instandhaltung nicht vom Inhalt des AMP abgewichen werden darf. Am häufigsten ist dies der Fall, wenn ADs, NfL II oder LTAs aufgehoben wurden. Entfällt beispielsweise eine Verpflichtung, Wägungen in bestimmten Zeitabständen durchzuführen, auch wenn keine Änderungen am Luftfahrzeug vorgenommen wurden, müssen diese dennoch durchgeführt werden, solange diese im jeweiligen AMP aufgenommen wurde.[5] Nicht mehr vorgeschriebene Maßnahmen müssen dann allein aufgrund ihrer Eintragung im AMP durchgeführt werden.

Eine Ausnahme von der Bindungswirkung des AMP wird im GM1 zu ML.A. 302 g) genannt. Danach darf, abgesehen von den in Unternummer ML.A. 302 d) 1.) vorgesehenen 10-Stunden bzw. 1-Monats-Toleranzen, bei den Inspektionsintervallen nicht vom Inhalt des AMP abgesehen werden.

Neben den Jahres- oder 100h-Inspektionen gibt es allerdings auch 200, 500 oder andere Stundenkontrollen, für die diese Ausnahme von der Bindungswirkung des AMP nicht festgelegt ist. Wurden für diese in einem AMP keine Toleranzen festgelegt, dürfen diese Zeiten auch nicht überschritten werden.

Sofern es sich nicht um zwingende, sondern um empfohlene Stundenkontrollen handelt, können auch für diese entsprechende Toleranzen im AMP aufgenommen werden. Auch hier gilt, dass die Toleranzen vor dem Hintergrund der bestehenden Verantwortung und unter Berücksichtigung eines risikobasierten Ansatzes nicht verantwortungslos ausgeweitet werden dürfen. Bis 2021 konnte hier auf die inzwischen aufgehobene NfL II-44/09 verwiesen werden. Mit der Aufhebung[6] dieser NfL II-44/09 verbietet sich ein entsprechender Verweis. Die in der aufgehobenen NfL genannten Toleranzen können unter Berücksichtigung des dargestellten risikobasierten Ansatzes jedoch weiterhin als sachgerecht angesehen und in einem AMP aufgeführt und verwendet werden[7]. Bei den Jahres- und 100h-Inspektionen darf dabei aber nicht von ML.A. 302 d) 1.) abgewichen werden. Diese Toleranzen gelten für alle AMP, d.h. für Mindestinspektionsprogramme und AMP, die auf den ICA der DAH basieren.

Für weiterführende Informationen rund um die Themen Technik und Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit veranstaltet das Luftsport Service-Center Ost auch in diesem Jahr wieder eine Technische Konferenz.

LSCO-TEKO-23 am 02. Dezember 2023, 10:00 Uhr, Hugo-Junkers-Saal Veranstaltungszentrum am Golfpark Dessau.

Anmeldung: https://lsco.aero/weiterbildung-teko/

Christian Bernius (Geschäftsführer der LSCO)


[1] ICA: Instructions for continuing airworthiness (Anweisungen zur Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit)

[2] AMC1 ML.A.302 c)9)

[3] Der Lilienthaler 1/2023, Seite 22.

[4] AMC1 ML.A.302 c)

[5] NfL 2-439-18: Annex-I-Luftfahrzeuge sind aller 4 Jahre und nach bestimmten Maßnahmen zu wiegen. Ansonsten gilt für den nicht gewerblichen Flugbetrieb: Vor der ersten Inbetriebnahme Ermittlung von Gewicht und Schwerpunktlage und wenn die Auswirkungen von Änderungen auf die Masse und die Schwerpunktlage nicht genau bekannt sind. Gewerblich genutzte Luftfahrzeuge sind ebenfalls aller 4 Jahre zu wiegen.

[6] NfL 2021-2-619 vom 03.06.2021

[7] Der Lilienthaler 2-3/2021, Seite 35

Nutzung der Aircraft-Maintenance-Software ASA-AMOffice©

Es wurde bereits über die Einführung der Aircraft-Maintenance-Software ASA-AMOffice© berichtet. Für die meisten LSCO-Prüfer ist das Programm bereits Bestandteil ihrer Prüftätigkeit und mehr und mehr Flugzeuge werden in das System aufgenommen. Insbesondere die automatische Kontrolle der Software von ADs, NfL II, LTAs, SB, TM hat schon vielen zu einem sicheren Umgang mit der Dokumentenlage ihrer Luftfahrzeuge verholfen. Ganz allgemein sehen Eigentümer von ASA-AMOffice©-geführten Luftfahrzeugen ACAM-Kontrollen wesentlich entspannter entgegen. Im Zusammenhang mit der Führung der Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit durch eine CAO nach Punkt ML.A. 201 e) und f)[1], die auch als „überwachte Umgebung“ bezeichnet wird, entfaltet die Software ihr volles Potential und bietet die größtmögliche Sicherheit. Außerhalb der „überwachten Umgebung“, in der der Luftfahrzeugeigentümer für die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit selbst verantwortlich ist, bietet die Nutzung von ASA-AMOffice© unter Berücksichtigung folgender Verfahrensweise annähernde Sicherheit. 1.     Mit einem ARC vor Beginn der Flugsaison erstellt der Lufttüchtigkeitsprüfer unter Zuhilfenahme von ASA-AMOffice© sämtliche Listen und Übersichten, die für den Saisonbetrieb erforderlich sind. Sollten life limits einzelner Komponenten unter der Flugsaison ablaufen, können diese fristgemäß überholt oder ersetzt werden.2.     Am Ende der Flugsaison, wenn mit dem Flugzeug vor dem Winterbauprogramm und dem nächsten ARC keine Starts mehr vorgesehen sind, werden dem Prüfer Starts und Flugzeiten gemeldet. 3.     Unter Zuhilfenahme von ASA-AMOffice© gleicht der Lufttüchtigkeitsprüfer das Luftfahrzeug auf aktuelle ADs, NfL II, LTAs, SB oder TM ab und erstellt einen Befundbericht, aus dem sich alle durchzuführenden Wartungskontrollen und Instandhaltungsmaßnahmen ergeben.4.     Vor dem nächsten ARC und Saisonstart kann der Luftfahrzeugeigentümer die Liste abarbeiten oder abarbeiten lassen und zusätzliche Maßnahmen wie Reparaturen oder Umrüstungen durchführen, deren Notwendigkeit sich bei den regelmäßig durchzuführenden Maßnahmen herausstellt. Soweit diese Maßnahmen nicht der Pilot/Eigentümer-Freigabe unterliegen, müssen diese Maßnahmen von entsprechend freigabeberechtigten Prüfern freigegeben werden.5.     Beim nächsten ARC, das dann wieder vor Beginn der Flugsaison erstellt wird, kann der Lufttüchtigkeitsprüfer alle Maßnahmen, Dokumente und den Zustand des Luftfahrzeuges prüfen. Mit dem ARC erstellt er dann wieder die erforderlichen Listen und Übersichten für die nächste Flugsaison. Diese Vorgehensweise entbindet Luftfahrzeugeigentümer zwar nicht von den Pflichten aus Punkt ML.A. 201 a) zur Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit und sie müssen insbesondere während des Flugbetriebs u.a. alle aktuell erscheinenden ADs, NfL II, LTAs, SB oder TM selbständig beachten. Mit aktuellen Flugzeiten kann jedoch auch zwischen den Lufttüchtigkeitsprüfungen ein Abgleich mit aktuellen ADs, NfL II, LTAs, SB oder TM erfolgen.


[1] Die Angaben zu ML.A. beziehen sich auf Anhang Vb (Teil-ML.A.) der Verordnung 1321/2014 der Kommission über die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit von Luftfahrzeugen und luftfahrttechnischen Erzeugnissen, Teilen und Ausrüstungen und die Erteilung von Genehmigungen für Organisationen und Personen, die diese Tätigkeiten ausführen.

Christian Bernius

Handhabung von Komponenten mit zeitlichen Limitierungen

In Punkt ML.A. 503 a) unterscheidet die Lufttüchtigkeitsverordnung (EU 1321/2014) zwischen

  1. Komponenten mit einer Begrenzung der zugelassenen Lebensdauer (certified life limit) und
  2. Komponenten mit Lebensdauerbegrenzung (service life limit).

Sowohl die Einordung in die eine oder andere Kategorie als auch die unterschiedliche Behandlung sind schwierig. Die Regelungen sagen zunächst nur Folgendes aus:

Komponenten mit einer Begrenzung der zugelassenen Lebensdauer (1.), die am Ende der Lebensdauer ausgemustert werden sollen, müssen zur Entsorgung aus dem Luftfahrzeug ausgebaut werden.

Komponenten mit Lebensdauerbegrenzung (2.), die am Ende der Lebensdauer einer Instandhaltung unterzogen werden müssen, um ihre Betriebstüchtigkeit wiederherzustellen, dürfen die im Luftfahrzeug-Instandhaltungsprogramm (AMP) und einschlägigen Lufttüchtigkeitsanweisungen (LTA) vorgeschriebene Lebensdauer, vorbehaltlich ihrer Verlängerung, nicht überschreiten.

Ist die zugelassene Lebensdauer einer Komponente begrenzt (1.), kann der Zeitraum bis zu ihrem „Ablauf“ von vornherein nicht in einem AMP verlängert werden. Der Ablauf der zugelassenen Lebensdauer einer unter diese Kategorie fallenden Komponente unterliegt nicht dem Gestaltungsspielraum des Luftfahrzeugeigentümers und muss ohne Änderung im AMP eingetragen werden. Und auch eine Instandhaltung ist bei diesen Komponenten nicht vorgesehen.

Im Unterschied dazu, besteht bei Komponenten mit Lebensdauerbegrenzung die Möglichkeit, den Zeitraum bis zum Ablauf im AMP festzulegen und die Betriebstüchtigkeit durch entsprechende Instandhaltungen wiederherzustellen. Begrenzt wird dieser Gestaltungsspielraum allerdings durch einschränkende LTA, die immer zu befolgen sind. Darüber hinaus dürfen sich diese Festlegungen nicht nachteilig auf die Lufttüchtigkeit auswirken. Zeiträume, nach denen die Betriebstüchtigkeit durch Instandhaltungen im Sinne von Überholungen wiederhergestellt werden können, werden als „Time between Overhaul“ (TBO) bezeichnet. Luftfahrzeugeigentümer können TBO-Zeiten nicht beliebig überschreiten und müssen dabei stetes die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit im Auge behalten.

Für beide Kategorien gelten die Regelungen in ML.A.504 a) zur Überwachung nicht betriebstüchtiger Komponenten. Danach gilt jede Komponente als nicht betriebstüchtig, deren Lebensdauer abgelaufen oder mangelhaft ist, LTA nicht eingehalten werden oder ihre Lufttüchtigkeit nicht eindeutig bestimmt werden kann.

Ebenfalls für beide Kategorien gilt ML.A.504 c). Sofern Komponenten die zugelassene Lebensdauer erreicht haben, müssen diese als nicht wiederverwertbar ausgewiesen werden, es sei denn ihre Lebensdauer wurde verlängert oder ein Reparaturverfahren wurde genehmigt. Wie Verlängerungen hiernach erfolgen können, ist im Teil-ML allerdings nicht formuliert und wird auch in den AMC zum Teil-ML nicht beschrieben. Unter Berücksichtigung der in ML.A. 503 a) vorgenommenen Unterscheidung dürfte die Verlängerung von Komponenten mit Begrenzungen der zugelassenen Lebensdauer nur im Zusammenhang mit einem genehmigten Verfahren möglich sein. Eine eigenmächtige Verlängerung von certified life limits ist unzulässig.

Die Zuordnung der Komponenten mit Begrenzung der zugelassenen Lebensdauer (1.) oder mit Lebensdauerbegrenzung (2.) erschließt sich für einzelne Komponenten aus dem Wortlaut der Dokumente EASA-Form 1 und FAA 8130-3 oder den Kapiteln 4 und 5 der jeweiligen Wartungshandbücher, auf die in den Gerätekennblättern (TCDC) der betreffenden Luftfahrzeuge verwiesen wird. Im Kapitel 4 werden Komponenten mit Begrenzung der zugelassenen Lebensdauer (1.) aufgeführt und im Kapitel 5 Komponenten mit Lebensdauerbegrenzung (2.) einschließlich der jeweiligen life limits. Auch aus EASA-Form 1, FAA 8130-3 und Wartungshandbüchern einzelner Komponenten können sich sowohl Begrenzungen der zugelassenen Lebensdauer (certified life limit) als auch Lebensdauerbegrenzungen (service life limit) ergeben.

1. Beispiel certified life limit: „Gadringer-Gurte“ Lap Belt Assembly “BAGU 5000” – series

Im EASA Form 1 der Bauchgurte steht unter Ziffer 12.: „liftime for webbing: 12 years/ zul. Betriebszeit des Gurtbandes: 12 Jahre. Im zugehörigen Component Maintenance Manual

Lifetime (webbing material only!): max. 12 years after date of manufacturing (incl. storage time)/ Lebensdauer (nur Gurtbandmaterial!): max. 12 Jahre ab Herstellungsdatum (inkl. Lagerzeit). Nach Ablauf von 12 Jahren müssen die Gurte ausgemustert warden.

Im Jahr 1999 wurde wurde eine NfL II-83/99 erlassen, in der für alle Gurte ein certified life limit festgelegt wurde. Bei fehlenden life-limit-Angaben der Hersteller wurde diese auf 12 Jahre begrenzet. 2010 wurde diese auf bundesdeutschem Recht beruhende NfL ersatzlos aufgehoben (NfL II 19 / 10). Ab diesem Zeitpunkt galten vorbehaltlich neuerer NfL für einzelne Muster wieder die Herstellerangaben. Empfohlene life limits, d.h. Lebensdauerbegrenzungen (service life limit) mussten nicht mehr wie Begrenzungen der zugelassenen Lebensdauer (certified life limit) behandelt werden und durften wieder verlängert werden, bei fehlenden Herstellerangaben entfiel die 12-Jahres-Grenze und bei Gurten, deren Hersteller immer schon eine Begrenzung der zugelassenen Lebensdauer (certified life limit) vorgaben, wie beim Beispiel der Gadringer-Gurte, änderte sich mit der NfL II 19 / 10 nichts. Eine Verlängerung der Lebensdauer dieser Gurte im AMP ist weiterhin nicht möglich.

2. Beispiel service life limit: J5-00-00 SAFETY BELTS (in einigen polischen Segelflugzeugen verbaut. Das Betriebshandbuch sieht zunächst eine jährlich verlängerbare Lebensdauerbegrenzung von 7 Jahren vor. Mit BULLETIN No BE-006/93/J5.00.00 wurde diese Grenze auf 15 Jahre angehoben und bestimmte Service-Maßnahmen für die Verlängerung festgelegt.

3. Beispiel keine Lebensdauerbegrenzung: „AUTOFLUG“ Gurte FAG-7. Unter „Zeitbegrenzung“ findet sich im Gerätehandbuch nur der Eintrag, dass die Wartung der Gurte nach dem „On-Condition“ Prinzip anhand eines festgelegten Kontroll- und Wartungsplanes erfolgt und die Gurte so lange im Einsatz bleiben, bis sich bei den Kontrollen oder der Benutzung Mängel zeigen. Für die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit müssen diese Kontrollen in einem AMP benannt werden. Anstelle einer life time wird in diesem Falle „on condition“ eingetragen.

Der Umgang mit Komponenten erfordert jeweils eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Begriffen „Begrenzung der zugelassenen Lebensdauer“ und „Lebensdauerbegrenzung“. Fehlerhafte Bewertungen und Einordnungen können hier sehr schnell zu unzulässigen Festlegungen in Instandhaltungsprogrammen führen. Sofern Lebensdauerbergenzungen den im Teil-ML eingeräumten Gestaltungsspielräumen der Flugzeugeigentümer unterliegen, ist verantwortungsvoll vorzugehen. Die Verantwortung des Flugzeugeigentümers für die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit steht immer an erster Stelle.

Christian Bernius

(Geschäftsführer der LSCO)

Ungültigkeitserklärungen von EASA-Form 1 der Firma Sauer Flugmotoren GmbH

NfL 2023-2-721 vom 20. Februar 2023

Während der Aufsicht über technische Betriebe und Luftfahrzeuge wurden im Rahmen von Überprüfungen Freigabebescheinigungen (EASA-Formblätter 1) vorgefunden, welche nicht rechtskonform ausgestellt worden sind. Die betroffenen Freigabebescheinigungen enthalten die Angabe, dass sie von der Firma Sauer Flugmotoren GmbH unter der Genehmigungsnummer DE.CAO.0098 bzw. DE.21G.0018 ausgestellt wurden.

Um die Verwendung möglicherweise weiterer Komponenten mit nicht rechtskonformer Freigabebescheinigung in diesem Zusammenhang zu verhindern, informiert das Luftfahrt-Bundesamt wie folgt:

Alle entsprechenden EASA-Formblätter 1, die durch oder vermeintlich durch die Sauer Flugmotorenbau GmbH

– unter der Genehmigungsnummer DE.CAO.0098 ab dem 20.04.2021 und

– unter der Genehmigungsnummer DE.21G.0018 ab dem 04.01.2023

ausgestellt wurden, sind ungültig.

Entsprechend bescheinigte Bauteile sind nicht lufttüchtig und als Teile unbekannter Herkunft (SUP) zu behandeln. Ihre Verwendung in Luftfahrzeugen ist daher nicht zulässig, bis die Lufttüchtigkeit dieser Bauteile ordnungsgemäß wiederhergestellt und bescheinigt wurde.

Alle Personen oder Betriebe, die Bauteile mit solchen EASA-Formblättern 1 oder ähnlich wirkende Dokumente besitzen oder zugesandt bekommen, bitten wir das Referat T5 des Luftfahrt-Bundesamt mittels einer Kopie und sofern möglich Herkunftsinformationen (Verkäufer, Versender, o.ä.) unter folgender E-Mail-Adresse zu informieren:

T5-sup@lba.de

Braunschweig, den 16. Februar 2023

Luftfahrt-Bundesamt

Emergency AD – Flugverbot für DR 400!

AD No.: 2022-0267-E Issued: 27 December 2022

Applicability/Anwendbarkeit:

CEAPR DR 400/125, DR 400/140, DR 400/160, DR 400/180, DR 400/180 R, DR 400/2+2, DR 400/120, DR 400/125i, DR 400/140 B, DR 400/120 A, DR 400/160 D, DR 400/120 D, DR 400/180 S,
DR 400/100, DR 400 RP, DR 400 NGL, DR 400/200 R and DR 400/200 I aeroplanes, having serial number (s/n) 2444 to 2777 (inclusive), and all aeroplanes (models as listed above) equipped in-service with a wing delivered after 01 February 2000, or overhauled after that date by Robin Aircraft.

Betroffene Teile: Hauptflügelholme mit den Nummern s/n 2543 to 2549 inclusive, s/n 2559 to2562 inclusive,
s/n 2567 to2570 inclusive, s/n 2575 to2580 inclusive, s/n 2583 or 2584, or s/n 2615 to 2618 inclusive. These main wing spars were known to be installed in production on aeroplanes having s/n 2690 and 2694, s/n 2696 to 2699 inclusive, s/n 2709 to 2712 inclusive, s/n 2714, 2715, 2720, 2724 and 2725, s/n 2727 to 2731 inclusive, s/n 2734, 2735, 2738, 2751, 2766, 2767 or 2772.